Geistiges Eigentum als Vertrag

Die Grenzen von Verträge

Das Gesetz sollte also die Rechte von Individuen an ihre Körper und an legitim angeeignete knappe Ressourcen (Eigentum) schützen. Es gibt kein natürliches Recht an ideelle Objekte–an eigene intellektuelle Erfindungen oder Schöpfungen–sondern nur an knappe Güter. Viele Gegner vom g.E. unterstützen lediglich vertragliche Vereinbarungen um Ideen und Erfindungen zu schützen–private Vereinbarungen zwischen Eigentümer.[108] Stellen wir uns beispielsweise vor, dass A ein Buch schreibt und physische Kopien an diverse Käufer B₁, B₂…Bn verkauft, unter der vertraglichen Bedingung, dass jeder Käufer B verpflichtet ist keine Kopien des Texts herzustellen oder zu verkaufen. Nach jeder Theorie über das Vertragsrecht können die Käufer B gegenüber A haftbar gemacht werden, sollte er diese Bedingungen verletzen.[109]

Die Befürworter vom vertraglichen Ansatz zum geistigen Eigentum täuschen sich jedoch wenn sie glauben, dass Verträge dazu benutzt werden können den gleichen Schutz wie derzeitige Gesetze zum g.E. nachzubilden. Patent und Urheberrechte sind gültig gegenüber jede Person, unabhängig von der Zustimmung zu einem Vertrag. Sie sind echte Rechte an die jeder im selben Sinne gebunden ist, wie mein Recht an ein Stück Land jeden dazu verpflichtet es als mein Eigentum zu respektieren–selbst wenn sie mit mir keine vertragliche Vereinbarung haben. Ein Vertrag bindet jedoch ausschließlich die Parteien die ihm zustimmen. Es ist wie ein privates Gesetz zwischen den Parteien.[110] Es bindet keine dritten Parteien, da sie keine Vereinbarung mit den ursprünglichen Parteien getroffen haben.[111]

Wenn der Käufer B mit einer dritten Partei T über die Handlung in dem Buch spricht, ist diese Partei T im Allgemeinen nicht an den Vertrag zwischen A und B gebunden. Wenn ich herausfinde wie ich einen Vergaser anpassen kann sodass er mit doppelter Effizienz arbeitet, wenn ich ein Gedicht lerne oder die Handlungen in einem Film die von anderen geschrieben wurde erfahre, warum sollte ich so tun also ob ich nichts über diese Dinge wüsste und entgegen dem erlangten Wissen handeln? Ich habe keine vertragliche Vereinbarung mit den Autoren getroffen. Ich bestreite nicht, dass vertragliche Vereinbarungen auch implizit oder stillschweigend gemacht werden können, aber in den Situationen ist selbst solch ein Vertrag nicht zustandegekommen.

Man kann auch nicht sagen, dass ich die Information durch Diebstahl oder Betrug erlangt habe, denn es gibt viele legitime arten wodurch Individuen Informationen erlangen können. Kunstwerke werden von Natur aus typischerweise der Öffentlichkeit gezeigt. Über eine wissenschaftliche Entdeckungen können mehr Personen erfahren, als diejenigen die sich zum Stillschweigen verpflichtet haben. Es kann sicherlich nicht gesagt werden, dass ich das physische Eigentum von einem Urheber beschädige, sollte ich einen Vergaser verwenden oder ein Roman mit der gleichen Handlung schreiben. Es hindert den Urheber noch nicht einmal daran seine eigene Idee für den Vergaser, zur Verbesserung anderer Fahrzeuge zu verwenden oder seine Geschichte zu verwenden.

Die Anpassung von meinem Vergaser stellt also keine Vertragsverletzung dar; es ist kein Diebstahl; es ist auch kein physischer Eingriff in das greifbare Eigentum des Erfinders. An meinem Vergaser herumzuspielen verletzt nicht die Rechte des Erfinders. Man kann höchstens sagen, dass es den Wert für den Erfinder mindert, da es seine Möglichkeiten einschränkt es durch ein Monopol auszubeuten. Wie wir in Kapitel 4 jedoch gesehen haben, kann man kein Recht an dem Wert seines Eigentums haben, sondern nur an seiner physischen Integrität.[112]

Verträge sind also nur von beschränktem Nutzen. Der Verleger von einem Buch kann seine Käufer dazu verpflichten das Buch nicht zu kopieren, aber er kann dritte nicht daran hindern es zu veröffentlichen und zu verlegen, es sein denn eine andere vertragliche Vereinbarung hindert sie daran.

Vertrag kontra vorbehaltene Rechte

Dritte die keine Parteien in einem Vertrag sind oder an eines der Parteien vertraglich gebunden sind, müssen dem Vertrag dementsprechend keine Beachtung schenken. Es folgt, dass ein Erfinder zwar ein Vertrag nutzen kann um bestimmte Individuen daran zu hindern seine Ideen frei zu nutzen; es ist jedoch schwierig das gebräuchliche Vertragsrecht zu verwenden um Dritte daran zu hindern die Ideen zu nutzen von denen sie erfahren. Möglicherweise mit einer Ahnung über dieses Problem, wechseln Befürworter von einem rein vertraglichen Schutz für g.E. zu dem Ansatz der “Reservierung von Rechte” in dem Eigentumsrechte an greifbare Ressourcen als eine teilbare Menge von Rechte aufgefasst werden.

Ein Grundstücksbesitzer kann entsprechend der üblichen Sicht, dass Rechte gebündelt sind, das Recht an unterirdisches Öl an eine Firma verkaufen und noch die Rechte an der Oberfläche behalten. Davon ausgeschlossen wäre die Dienstbarkeit gegenüber dem Nachbar, der ein Wegerecht hat und die Rechte seiner Mutter, die an der Oberfläche ein Wohn- und Nutzungsrecht hat. Entsprechend dem Gedanken über eine Menge von Rechte, entsteht der Ansatz sich “Rechte vorzubehalten”. Nach diesem Ansatz kann g.E. im privaten nachgebildet werden, indem man das Recht einen greifbaren Gegenstand zu reproduzieren nicht zusammen mit dem Gegenstand verkauft. Rothbard argumentiert beispielsweise, dass man eine anderen Person bedingt zum “Eigentümer” (von “Wissen”) machen kann, dabei jedoch “das Recht vorbehalten kann das Wissen über die Erfindung weiter zu verbreiten”. Braun, der Erfinder einer verbesserten Mausefalle, kann darauf “Urheberrechtlich Geschützt” stempeln und dadurch alle Rechte daran verkaufen abgesehen von dem Recht es zu reproduzieren. Wie das heute gesetzlich geregelte g.E. sind vorgeblich alle Personen an solche “Vorbehalte” gebunden, nicht nur diejenigen die mit dem ursprünglichen Verkäufer einen Vertrag haben. Somit kann ein Dritter der vom Kauf eines Gegenstands erfährt, es erwirbt, oder anderweitig zum Besitzer davon wird, ebensowenig eine Reproduktion anfertigen – nicht wegen einem Vertrag mit Braun, sonder weil “niemand mehr Rechte an etwas haben kann als derjenige dem ursprünglich etwas verkauft wurde”. Mit anderen Worten, die dritte Partei erwirbt das Eigentumsrecht an der greifbaren Sache – z.B. ein Buch oder eine Mausefalle – nicht jedoch das “Recht es zu kopieren”, dass “normalerweise” zu den Rechten gehören würde. Anders ausgedrückt, die dritte Partei wird zum “Eigentümer” der Information durch jemand der kein Recht hatte diese weiterzugeben.[113]

Hierbei haben wir doch sicherlich etwas übersehen. Stellen wir uns vor, dass A ein Roman schreibt und eine erste Kopie, BUCH₁, ohne Beschränkungen (d.h. ohne Einschränkung der Rechte) an B₁ verkauft; und eine zweite Kopie BUCH₂ an B₂ verkauft – jedoch ohne das “Recht es zu kopieren”. Die beiden Bücher BUCH₁ und BUCH₂, sind von außen betrachtet identisch. Das sind sie jedoch nicht: Eines ist unvollständig; das andere enthält mehr von der mystischen “Essenz des Rechts”. Nehmen wir an B₁ und B₂ lassen diese Bücher auf einer Parkbank liegen, wo ein Dritter T sie auffindet. Nach der Auffassung von Rothbard “fehlt” dem BUCH₂ das “Recht es zu kopieren”, ähnlich wie ein elektrisches Spielzeug ohne Batterien verkauft wird. Es ist so als ob ein unsichtbarer, mystischer Faden aus dem “Recht zur Reproduktion” zwischen dem echten Besitzer A und dem Buch gespannt ist, wo immer es auch sein mag. Sollte T das verlassene BUCH₂ finden und sich aneignen, hat er kein Recht es zu kopieren, da es schlicht und einfach kein solches Recht “in sich” trägt. Dieses Recht wird fortwährend durch ein Wurmloch der Rechte abgesaugt, dass den Eigentümer A und sein Buch verbindet. So kann T durch Aneignung des Buchs lediglich das Buch selbst bekommen, jedoch ohne das “eingebaute” Recht es zu kopieren und er kann dementsprechend keine Kopie vom BUCH₂ anfertigen. Gleiches gilt für darauffolgende Dritte die Besitzer des Buchs werden.

Ist solch eine Ansicht wirklich haltbar? Können wir uns Eigentumsrechte vorstellen die so funktionieren? Selbst wenn es möglich ist, würde es wirklich zum erwünschten Ergebnis führen–andere daran zu hindern geschützte Ideen zu benutzen? Man kann schwerlich behaupten, dass Rechte auf diese Art vorbehalten werden können. Eine Funktion von Eigentumsrechte ist ja schließlich die Verhinderung von Konflikte und Dritte auf die Grenzen des Eigentums hinzuweisen. Man muss diese Grenzen unbedingt objektiv und unabhängig feststellen können; sie müssen sichtbar sein. Grenzen können nur respektiert werden und Eigentumsrechte damit ihren Zweck der Konfliktvermeidung erfüllen, wenn sie sichtbar sind. Nur wenn diese Grenzen sowohl sichtbar, also auch objektiv gerecht sind (im Diskurs gerechtfertigt werden können) kann man erwarten, dass sie adoptiert und eingehalten werden. Betrachten wir jedoch an die beiden Bücher, BUCH₁ und BUCH₂. Welchen Unterschied kann man zwischen beide feststellen? Wie kann man den Rechte-Faden an dem einen Buch jedoch nicht an dem anderen feststellen? Wie kann man von Dritten erwarten eine amorphe, unsichtbare, mystische, gespenstige, möglicherweise überhaupt nicht feststellbare Grenze zu respektieren?

Die Implikationen solch einer Sicht sind beunruhigend. Palmer schreibt:

Die Trennung und Beschränkung des Rechts eine Kopie zu erstellen von dem Recht, dass wir Eigentum nennen ist problematisch. Könnte man z.B. das Recht vorbehalten sich an etwas zu erinnern? Mal angenommen ich schreibe ein Buch und ich biete es Ihnen zur Lektüre an. Dabei behalte ich mir jedoch ein Recht vor: Das Recht sich daran zu erinnern. Wäre es gerechtfertigt Sie zu verklagen, sollte ich beweisen könnte, dass Sie sich an den Namen der Hauptfigur im Buch erinnern können?[114]

Dritte Parteien stellen für diese Theorie jedoch immer noch ein Problem dar. Selbst wenn der Verkäufer irgendwie bestimmte Rechte an dem verkauften Objekt “vorbehalten” könnte, warum sollte das Dritte daran hindern die offenbarten oder übertragenen Informationen aus diesem Objekt zu nutzen? Die Befürworter vorbehaltener Rechte behaupten nicht nur, dass der direkte Käufer B₁ kein Recht hat das Buch zu reproduzieren; denn das könnte auch mit einen impliziten Vertrag zwischen dem Verkäufer A und dem Käufer B₁ erreicht werden. Bedenken wir der dritten Partei T₁, die das verlassene Buch findet, ließt und somit von den Informationen darin erfährt. Vergleichen wir die Situation von T₂, der niemals im Besitz des Buches ist oder es auch nur sieht; er erfährt die Informationen lediglich durch Hörensagen, Graffiti, ungebeten E-Mail, usw. Weder T₁ noch T₂ haben einen Vertrag mit A aber beide haben jetzt bestimmtes Wissen. Selbst wenn das Buch irgendwie kein “Recht zur Reproduktion” beinhaltet, wie kann das T₁ oder T₂ daran hindern ihr Wissen zu benutzen? Wenn wir soweit gehen zu sagen, dass T₁ irgendwie an ein vertragliches Urheberrecht gebunden ist, gekennzeichnet durch ein auf dem Buch gedruckten Verweis (eine unhaltbare Sicht des Vertragsrechts), wie kann T₂ an irgend einem Vertrag oder an vorbehaltenes Recht gebunden sein?

Rothbard versucht dieses Argument folgendermaßen anzugehen:

Ein häufiger Einwand ist dieser: Also gut, es wäre ein Verbrechen wenn Grün [der Käufer] die Mausefalle von Braun produziert oder verkauft; was ist jedoch wenn ein anderer, Schwarz, der keinen Vertrag mit Braun abgeschlossen hat, zufällig die Mausefalle von Grün sieht und sich aufmacht um eine Kopie zu produzieren und zu verkaufen? Warum sollte man ihn verklagen? Die Antwort ist, dass…niemand Eigentum in größerem Umfang an etwas erlangen kann, als ein anderer der es bekommen oder erworben hat. Grün hatte entsprechend seinem Vertrag mit Braun, kein vollständiges Eigentumsrecht an der Mausefalle – er hat alle Rechte außer das Recht…eine Kopie zu verkaufen. Deshalb können die Rechte von Schwarz an der Mausefalle, das Eigentum an den Ideen im Kopf von Schwarz, keinen größeren Umfang haben als die Rechte von Grün. Er würde deswegen durch das Kopieren die Eigentumsrechte von Braun verletzen, auch wenn er selbst keine vertragliche Vereinbarung eingegangen ist.[115]

Es gibt mehrere Probleme mit dieser Denkart. Zunächst müssen wir feststellen, das Schwarz lediglich die Mausefalle von Grün sieht. Er hat weder Einsicht in die Gedanken von Grün, noch muss er diesen Zugang haben um die offensichtlichen Eigenschaften der Mausefalle nachzubauen.

Im übrigen ist man ebensowenig der Eigentümer von Ideen im eigenen Kopf wie man der Eigentümer der eigenen Arbeit ist. Nur knappe Ressourcen können Eigentum sein. Indem man die Knappheit als wesentlich für die originäre Aneignung aus dem Blick verliert, sowie die Regel des ersten Nutzers um Eigentümer von knappen Ressourcen zu werden, sind Rothbard und andere zu der falschen Ansicht gekommen, dass man Eigentum an Ideen und Arbeit haben kann. Sobald wir erkennen, dass Ideen kein Eigentum sein können (sie sind keine knappen Ressourcen), dass Schöpfung von Ideen weder nötig noch ausreichend ist um Eigentümer zu werden (die erste Nutzer Regel ist es), und dass man kein “Eigentum” an Arbeit haben muss um etwas originär aneignen zu können, verschwinden die durch diese Verwirrung verursachten Schwierigkeiten.

Wenn Schwarz irgendwie an die Ideen gelangt die implizit in dem von Braun erfundenen Gegenstand vorhanden sind (im Beispiel von Rothbard, “sie zufällig sieht”), so ist es irrelevant ob die Mausefalle ein “Recht zum kopieren” mit sich trägt oder nicht. Denn Schwarz braucht keine solche Erlaubnis um sein eigenes Eigentum nach eigenem Ermessen einzusetzen. Inwiefern verletzt Schwarz die Rechte von Braun wenn er “zufällig die Mausefalle sieht”?

Alle Handlungen, auch solche die angeeignete knappe Mittel (Eigentum) einsetzen, bedürfen dem Gebrauch von technisches Wissen.[116] Einen Teil dieses Wissens kann man durch Beobachtung unserer Umwelt erlangen, inklusive dem Eigentum von anderen. Zu unseren Rechten muss kein “Recht zum kopieren” gehören, damit wir ein bekanntes Muster oder eine Form auf ein uns gehörendes Objekt anwenden können. Wir haben vielmehr das Recht mit unserem eigenen Eigentum beliebig und nach eigenem Ermessen umzugehen, mit der einzigen Beschränkung, dass wir die Grenzen des Eigentums eines Anderen nicht übertreten dürfen. Wir dürfen diese wesentliche libertäre Einsicht nicht aus den Augen verlieren. Wenn ich Eigentümer von 100 Hektar Land bin, kann ich darauf nackig herumhüpfen, nicht weil dem Land irgend ein “Recht-zum-nackigen-herumhüpfen” innewohnt, sondern weil es mein Eigentum ist und diese Handlung nicht (unbedingt) die Eigentumsrechte anderer verletzt.

Gleichermaßen, habe ich das Recht mit meinem Eigentum anzustellen was ich möchte – sei es mein Auto, mein Papier, meine Textverarbeitungsprogramm – ob ich den Vergaser in mein Auto verbessern möchte oder meine Tinte benutzen möchte um Wörter auf mein Papier zu drucken. Es sei denn ich habe mich vertraglich gegenüber jemand dazu verpflichtet, meine Handlungen im Bezug auf solches Wissen einzuschränken. Ich muss nicht vorher ein bestimmtes Recht für jede erdenklich Nutzungsart meines Eigentums haben, denn abgesehen von Handlungen die eine Verletzung vom Eigentum eines Anderen zur Folge haben, sind alle Handlungen in dem Nutzungsrecht an meinem Eigentum inbegriffen. Nach dem Libertarismus liegen unserem Leben keine Genehmigungen zugrunde sondern Rechte. Wir brauchen nicht um Erlaubnis bitten wenn wir etwas mit unserem Eigentum tun möchten. Entgegen der Praxis in einer totalitären Gesellschaft ist alles erlaubt was nicht verboten ist. Die Ansicht man könnte Rechte vorbehalten wäre die Umkehrung davon, denn jeder Einsatz von Eigentum wäre nur erlaubt wenn das Recht es auf diese bestimmte Art zu nutzen irgendwie oder irgendwo in dem Eigentum gefunden werden könnte.

Betrachten wir die folgende Analogie. Hans der Bauer entdeckt Öl unter seinem Land. Kein anderer in der Nähe weiß etwas über das schwarze Gold. Hans plant die Grundstücke seiner Nachbarn für 'nen Appel und 'n Ei aufzukaufen; den Preis kriegt er auch, denn die Verkäufer wissen nichts über den eigentlichen Wert. Der laute Nachbar Paul, schöpft angesichts der guten Stimmung von Hans verdacht, schleicht mitten in der Nacht auf das Grundstück von Hans und entdeckt das Geheimnis. Am nächsten Morgen in dem Herrensalon von Peter, gibt Paul seinen Kumpels über die Nachricht Bescheid. Einer von ihnen macht sich gleich auf zur Telefonzelle und gibt die Nachricht an einem Reporter vom Handelsblatt weiter (der zufällig sein Neffe ist). Schon bald ist jedem klar, dass Öl in der Umgebung ist. Die Nachbarn verlangen nun maßlose Preise für ihr Land und verderben damit die Pläne von Hans.

Es ist denke ich einsichtig, dass Paul wegen Einbruch und daraus folgende Schäden haftbar gemacht werden kann. Die Frage ist, können die Nachbarn von Hans daran gehindert werden unter Berücksichtigung von ihrem neuen Wissen zu handeln? D.h. kann man sie zwingen so zu tun als ob sie nichts über das Öl wüssten und ihr Land an Hans für den Preis zu verkaufen, den sie “sonst” verlangt hätten? Sicherlich ist solch ein Zwang nicht möglich. Sie sind die Eigentümer von ihrem Land und sie haben das Recht zu bestimmen was damit geschehen soll. Anders als greifbares Eigentum, kann man Informationen nicht besitzen; es ist kein Eigentum. Wer eine Uhr gestohlen hat, muss es möglicherweise zurückgeben; so lange jemand der Wissen erlangt, dieses Wissen nicht durch einen Rechts- oder Vertragsbruch bekommt, kann er frei danach handeln.

Dabei ist zu beachten, dass nach der Sicht über vorbehaltene Rechte, es den Nachbarn nicht erlaubt wäre ihr Wissen zu benutzen, da sie es letztendlich durch Paul erfahren haben, einem Einbrecher der kein “Eigentümer” von dem Wissen war. Sie konnten also nicht “mehr Rechte” an dem Wissen haben als Paul selbst. Es ist auch zu beachten, dass geologische Kundschafter, die nach Öl suchen, dieses Wissen nicht auf ihre Karten verzeichnen dürfen. Sie müssen Ahnungslosigkeit vortäuschen bis Hans ihnen die Erlaubnis erteilt. Dieses auferlegte Unwissen läuft Hand in Hand mit der durch g.E. erschaffenen unnatürlichen Knappheit. Offensichtlich gibt es keine Rechtfertigung für die Sicht, dass Dritte durch vorbehaltenen Rechte irgendwie daran gehindert werden können, das von ihnen erlangte Wissen einzusetzen.

Es ist schlicht und einfach nicht legitim einen Eigentümer daran zu hindern sein Eigentum nach eigenem Ermessen einzusetzen, es sei denn er hat sich vertraglich dazu verpflichtet oder er hat die Rechte der Person verletzt der die Informationen ursprünglich hatte. Gerede über das Recht zum Kopieren, versucht lediglich darüber hinwegzutäuschen, dass ein Vertrag lediglich die beteiligten Parteien bindet.[117]

Demnach können Käufer im Allgemeinen durch Verträge mit Verkäufer daran gebunden sein, das Erkaufte nicht zu kopieren oder auch nur weiter zu verkaufen. Sobald dritte Parteien von den Ideen erfahren, die der Erfindung oder dem literarischen Werk zugrundeliegen, verletzen ihre Handlungen im Allgemeinen nicht die Eigentumsrechte des Verkäufers. Angesichts dieser Sicht von Knappheit, Eigentum und Verträge, lasst uns untersuchen ob die üblichen Formen vom g.E. legitim sind.

Urheberrecht und Patente

Es sollte offensichtlich sein, dass Urheberrechte und Patente die Eigentümer von greifbarem Eigentum – knappe Ressourcen – an der Nutzung ihres eigenen Eigentums hindern. Das Patentrecht verbietet es ihnen z.B., mit ihrem eigenen Eigentum patentierte Methoden zu praktizieren, oder ihr Eigentum in patentierte Geräte zu verwandeln, selbst wenn sie die Methode oder das Gerät unabhängig erfunden haben. Nach dem Urheberrecht, werden Dritte, auch ohne vertragliche Vereinbarung mit dem Autor, daran gehindert das Werk des Autors zu kopieren oder davon zu profitieren. Verkäufer neuer Gerätschaften oder literarischer Werke können sicherlich Verträge mit ihren Käufern abschließen, sodass sie das Erworbene nicht reproduzieren oder auch nur weiterverkaufen dürfen. Diese vertraglichen Netze können ausgefeilt sein; der Autor von einem Roman kann seine Geschichte an ein Filmstudio lizenzieren, unter der Bedingung, dass das Studio jedes Kino dazu verpflichtet, alle Kinobesucher dazu zu verpflichten das sie den Inhalt des Films nicht reproduzieren, usw.

Dennoch, sobald dritte Parteien, die nicht an ein Vertrag gebunden sind, diese Information erlangen, können sie es nach eigenem ermessen benutzen. Die Theorie vorbehaltener Rechte ändert daran auch nichts. Somit wäre es wahrscheinlich schwierig etwas ähnliches wie unser heutiges Patent- oder Urheberrecht alleine durch Verträge nachzubilden.

Geschäftsgeheimnisse

Geschäftsgeheimnisse kann man leichter rechtfertigen als Patente oder das Urheberrecht. Palmer argumentiert, dass sie aus den Gesetzen des Common Law “erscheinen” und demnach legitim sind.[118] Gesetze über Geschäftsgeheimnisse erlauben eine einstweilige Verfügung um die “Entwendung” von einem Geschäftsgeheimnis zu verhindern oder falls geschehen dafür Schadensersatz zu bekommen. Diese Gesetze gelten für Personen die auf unzulässige Art an ein Geschäftsgeheimnis gekommen sind oder sie entgegen vertragliche Vereinbarungen veröffentlichen, sowie für Personen die wissen, dass sie die Informationen von solch einer Person erhalten.[119]

Nehmen wir an ein Angestellter A der Firma X hat Einsicht in die Geschäftsgeheimnisse der Firma, z.B. zu der Formel von einem Erfrischungsgetränk. Er ist gebunden an eine vertragliche Vereinbarung im Rahmen seiner Anstellung, dass ihn verpflichtet die Formel geheim zu halten. Nun wechselt er zum Konkurrenten Y. Y möchte die Formel von A erfahren und mit A im Wettbewerb stehen. Nach den heutigen Gesetzen, kann X eine einstweilige Verfügung gegen A erwirken, sofern die Formel noch nicht an die Öffentlichkeit geraten ist. Wenn A das Geheimnis bereits an Y verraten hat, kann X ebenfalls eine einstweilige Verfügung gegen Y erwirken und daran hindern die Formel zu nutzen oder zu veröffentlichen.

Es ist klar, dass die Verfügung und der Schadensersatz gegen A gerechtfertigt sind, da er seinen Vertrag mit X gebrochen hat. Fragwürdiger ist hingegen die Verfügung gegen Y, denn Y hat keinen Vertrag mit X. In dem Kontext der Situationen die üblicherweise auftreten, ist sich der Konkurrent Y meistens darüber im klaren, dass der übergelaufenen Angestellten A einen Vertragsbruch begeht wenn er das Geschäftsgeheimnis verrät. Es kann demnach argumentiert werden, dass Y ein Komplize von A ist und mit ihm konspiriert um die Geschäftsgeheimnisse von X zu erlangen und damit die (vertraglichen) Rechte von X zu verletzen. Das liegt daran, dass A erst mit der Bekanntgabe des Geschäftsgeheimnisses an Y sein Vertrag gebrochen hat. Wenn A von Y aktiv umworben wurde, dann ist Y ein Komplize und verletzt die Rechte von X. Analog zu dem Fahrer von einem Fluchtfahrzeug in einem Banküberfall oder dem Anführer einer Mafia der einen Mord beauftragt und zurecht für die aggressiven Handlungen anderer haftbar gemacht wird, können dritte unter bestimmten Umständen daran gehindert werden die Geschäftsgeheimnisse zu Nutzen, die sie unrechtmäßig erhalten haben.[120]

Markenzeichen

Palmer argumentiert auch, dass Gesetze zu Markenzeichen legitim sind.[121] Stellen wir uns vor, ein Lachmanninan ändert den Namen seiner schlecht laufenden Brauerei von “Lachmannian Bier” nach “Rothbard Bier”, den Namen einer anderen bereits laufenden Brauerei. Ich, als Konsument, möchte gerne einen Bier vom Rothbard. Ich sehe eine gefälschte Flasche vom Lachmanninan und kaufe sie mir. Nach heutigem Gesetz, kann Rothbard, als “Eigentümer” der Marke “Rothbard Bier”, Lachmanninan an der Nutzung seiner Marke auf der Grundlage hindern, dass es seiner Marke “verwirrend ähnlich” ist. Er führt demnach seine Kunden über den wahren Ursprung der Güter in die Irre. Das Gesetz gibt dem Inhaber der Marke also ein Recht gegenüber dem fälschenden.

Meiner Ansicht nach, sind es die Kunden dessen Rechte verletzt werden, nicht die vom Inhaber der Marke. In dem vorherigen Beispiel, dachte ich (der Kunde), dass ich ein Rothbard Bier gekauft hatte, bekam aber statt dessen einen läppisch Lachmann Bier mit seinem abgestandenen Geschmack. Ich sollte das Recht haben gegen Lachmanninan wegen Betrug und Vertragsbruch zu klagen (ganz zu schweigen von dem vorsätzlich zugefügten emotionalen Schaden und Falschdarstellung praxeologischer Wahrheiten). Es ist jedoch schwierig zu sehen, inwiefern der Betrug mir gegenüber die Rechte von Rothbard verletzt hat. Lachmanninan hat nichts unternommen um das Eigentum von Rothbard physisch zu verletzen. Er hat noch nicht einmal andere dazu bewegt das zu tun; man kann höchstens sagen, er hat andere dazu bewegt Bier von Lachmanninan anstatt von Rothbard zu kaufen. Es scheint demnach, aus libertärer Sicht, dass Markengesetze dem Kunden, und nicht dem Nutzer einer Marke, das Recht geben sollte gegen Fälscher zu klagen.

Weiterhin können neue Ausweitungen der Markengesetze, wie das Recht gegen die Verwässerung einer Marke oder gegen bestimmte Formen von Domänenbesetzung nicht gerechtfertigt werden. Ebenso wie der Nutzende kein Recht an seiner Marke hat, hat er auch kein Recht gegen die Verwässerung seiner Marke vorzugehen. Das Gesetz gegen Domänenbesetzung beruht auf die ökonomisch unkundige Opposition gegenüber Arbitrage. Es ist freilich nichts falsch daran eine Domaine als erster zu nehmen und es danach an den Höchstbietenden zu verkaufen.



[108] Siehe McElroy: “Intellectual Property: Copyright and Patent”; Roy Halliday, “Ideas as Property,Formulations 4, no. 4 (Summer 1997); Bouckaert: “What is Property?” S. 804–5; Palmer: “Intellectual Property: A Non-Posnerian Law and Economics Approach,” S. 280, 291–95; Palmer: “Are Patents and Copyrights Morally Justified?” S. 821 n. 8, 851–55, 864; und Richard O. Hammer: “Intellectual Property Rights Viewed as Contracts,Formulations 3, no. 2 (Winter 1995–96).

[109] Siehe z.B. Kinsella: “A Theory of Contracts”; Rothbard: The Ethics of Liberty, kap. 19; Williamson M. Evers: “Toward a Reformulation of the Law of Contracts”, Journal of Libertarian Studies 1, no. 1 (Winter 1977): 3–13; und Randy E. Barnett: “A Consent Theory of Contract,Columbia Law Review 86 (1986): 269–321.

[110] Nach internationaler Übereinkunft pacta sunt servanda (Verträge sind zu erfüllen), entstehen “Gesetzt der Übereinkunft” durch Verträge zwischen Souveräne (Staaten im Sinne des internationalen Rechts). Siehe Paul E. Comeaux und N. Stephan Kinsella: Protecting Foreign Investment Under International Law: Legal Aspects of Political Risk (Dobbs Ferry, N.Y.: Oceana Publications, 1997), kap. 2, 5.

[111] Eine Definition für “Vertragsbeziehung” (engl. privity of Contract) findet man in Black's Law Dictionary, 6th ed. (St. Paul, Minn.: West Publishing, 1990), S. 1199. Siehe im Rahmen des g.E. auch Bouckaert: “What is Property?” S. 795, 805.

[112] Hoppe: A Theory of Socialism and Capitalism, S. 139–41, 237 n. 17.

[113] Rothbard: The Ethics of Liberty, p. 123.

[114] Palmer: “Are Patents and Copyrights Morally Justified?” S. 853. Palmer zitiert auch die folgenden aufschlussreiche Passagen. Hegel argumentierte:

Das Substantielle des Rechts des Schriftstellers und Erfinders ist zunächst nicht darin zu suchen, daß er bei der Entäußerung des einzelnen Exemplars es willkürlich zur Bedingung macht, daß die damit in den Besitz des anderen kommende Möglichkeit, solche Produkte nunmehr als Sachen gleichfalls hervorzubringen, nicht Eigentum des anderen werde, sondern Eigentum des Erfinders bleibe. Die erste Frage ist, ob eine solche Trennung des Eigentums der Sache von der mit ihr gegebenen Möglichkeit, sie gleichfalls zu produzieren, im Begriffe zulässig ist und das volle, freie Eigentum nicht aufhebt, – worauf es erst in die Willkür des ersten geistigen Produzenten kommt, diese Möglichkeit für sich zu behalten oder als einen Wert zu veräußern oder für sich keinen Wert darauf zu legen und mit der einzelnen Sache auch sie preiszugeben. (Grundlinien der Philosophie des Rechts § 69, zitiert in “Are Patents and Copyrights Morally Justified?” S. 853 n. 138)

Anmerkung von Kant:

Diejenigen, welche den Verlag eines Buchs als den Gebrauch des Eigenthums an einem Exemplare […] ansehen und alsdann doch durch den Vorbehalt gewisser Rechte, es sei des Verfassers, oder des von ihm eingesetzten Verlegers, den Gebrauch noch dahin einschränken wollen, da es unerlaubt sei, es nachzudrucken, - können damit niemals zum Zwecke kommen. Denn das Eigenthum des Verfassers an seinen Gedanken (wenn man gleich einräumt, dass ein solches nach äußern Rechten statt finde) bleibt ihm ungeachtet des Nachdrucks; und da nicht einmal füglich eine ausdrückliche Einwilligung der Käufer eines Buchs zu einer solchen Einschränkung ihres Eigenthums statt finden kann, wie viel weniger wird eine bloß präsumirte zur Verbindlichkeit derselben zureichen? (Immanuel Kant, Von der Unrechtmäßigkeit des Büchernachdrucks, in 2 “Copyrights and Patents for Inventions” 580 (R. MacFie ed. 1888). zitiert in Palmer, “Are Patents and Copyrights Morally Justified?” S. 853 n. 138)

[115] Rothbard: The Ethics of Liberty, S. 123.

[116] Kinsella: “Knowledge, Calculation, Conflict, and Law”; Jörg Guido Hülsmann: “Knowledge, Judgment, and the Use of Property”, Review of Austrian Economics 10, no. 1 (1997), S. 44.

[117] Im Anarchokapitalismus ist es freilich schwer vorher zu sagen welche weit reichenden vertraglichen Reglungen, Netzwerke und Institutionen aufkommen werden. Verschiedene Gemeinschaften könnten sehr wohl ihre Kunden, Patrone, oder Bürger verpflichten sich an bestimmte Regeln, ähnlich dem g.E., zu halten.

Zum Anarchokapitalismus siehe z.B. Hans-Hermann Hoppe: “The Private Production of Defense”, Journal of Libertarian Studies 14, no. 1 (Winter 1998–1999): 27–52.

[118] Palmer: “Intellectual Property: A Non-Posnerian Law and Economics Approach,” S. 280, 292–93; und Palmer: “Are Patents and Copyrights Morally Justified?” S. 854–55.

[119] UTSA, § 1; Halligan, “Restatement of the Third Law—Unfair Competition: A Brief Summary,” § 40, comment d.

[120] Zu der Verantwortung für Handlungen eines Anderen oder zu Verschwörungen, siehe z.B. Texas Penal Code, §§ 7.02 (Criminal Responsibility for Conduct of Another), und 15.02 (criminal conspiracy). Definitionen für “abet,” “accessory,” “accomplice,” “aid and abet,” “concert,” und “conspiracy,” findet man in Black's Law Dictionary.

[121] Palmer: “Intellectual Property: A Non-Posnerian Law and Economics Approach,” S. 280.