Knappheit und Ideen

Wie der durch Zauber reproduzierbare Rasenmäher, sind Ideen nicht knapp. Wenn ich eine Technik erfinde um Baumwolle zu ernten, könnte ein Anderer auf diese Art Baumwolle ernten, ohne mir etwas wegzunehmen. Ich habe nach wie vor die Technik (ebenso wie die Baumwolle). Die Nutzung durch Andere schließt meine Nutzung nicht aus; wir können beide die Technik nutzen um Baumwolle zu ernten. Es herrscht keine wirtschaftliche Knappheit und keine Möglichkeit für ein Konflikt über ein knappes Gut. Deshalb gibt es auch kein Grund andere von der Nutzung abzuhalten.

In gleicher Weise, wenn jemand ein von mir geschriebenes Buch kopiert, habe ich noch das ursprüngliche (greifbare) Buch, und „habe“ demnach auch noch das Muster der Wörter die das Buch ausmachen. Geschriebene werke sind folglich knapp im selben Sinne wie ein Stück Land oder ein Auto. Wenn mir mein Auto weggenommen wird, habe ich es nicht mehr. Wenn man mir jedoch das Muster aus dem Buch „nimmt“, und es zur Herstellung einer physischen Kopie verwendet, habe ich trotzdem noch meine Kopie. Das gleiche gilt für Erfindungen, und sogar für alle „Muster“ oder Informationen, die man generiert oder hat. Wie Thomas Jefferson – selbst ein Erfinder und der erste Patentprüfer in den U.S.A. – schrieb, „Wer von mir eine Idee bekommt, erhält die Anleitung für sich selbst ohne meines zu mindern; wie einer der seine Kerze an meiner anzündet, erhält er Licht, ohne dass ich im Dunkeln stehe“.[90] Da man die Idee eines Anderen nutzen kann ohne ihm das gleiche zu verweigern, kann darüber kein Konflikt aufkommen; Ideen sind deshalb nicht Gegenstand von Eigentumsrechte. Selbst Rand räumte ein, dass „geistiges Eigentum nicht verbraucht werden kann“.[91]

Ideen sind nicht von Natur aus knapp. Indem man jedoch das Recht an einem ideellen Objekt anerkennt, wird Knappheit erzeugt wo vorher keine war. Wie Arnold Plant es ausdrückt:

Es ist eine Eigenheit von Eigentum in Form von Patente (und Urheberrechte), dass es nicht wegen der Knappheit der betroffenen Objekte entsteht. Sie sind nicht die Folge von Knappheit. Sie sind vorsätzlich durch Gesetze erschaffen, und während Privateigentum im allgemeinen zur Erhaltung von knappen Gütern führt; uns dazu bring „das Meiste aus ihnen zu machen“, machen Patent- und Urheberrechte die Erzeugung von Knappheit an Gütern möglich, die ansonsten nicht aufrecht erhalten werden könnte.[92]

Bouckaert argumentiert ebenfalls, dass es die Knappheit ist, die Eigentumsrechte notwendig machen, und dass Gesetze zum g.E. eine künstliche, nicht zu rechtfertigende Knappheit erzeugen. Seine Anmerkung dazu:

Natürlich aufkommende Knappheit ist die Folge der Beziehung zwischen Mensch und Natur. Knappheit ist etwas natürliches wenn man es sich ohne irgend eine menschliche, institutionelle, oder vertragliche Vereinbarung vorstellen kann. Dem steht die künstliche Knappheit entgegen, die das Ergebnis solcher Vereinbarungen ist. Künstliche Knappheit kann schwerlich die Rechtfertigung für einen gesetzlichen Rahmen sein, der eben diese Knappheit erzeugt. Das wäre ein vollkommen zyklisches Argument. Im Gegenteil, die künstliche Knappheit selbst muss gerechtfertigt werden.[93]

Nach Bouckaert, sind „einzig und allein, natürlich knappe Entitäten die physisch kontrolliert werden können, Kandidaten für“ den Schutz durch echte Eigentumsrechte.[94] Der einzig mögliche Schutz für ideale Objekte wäre durch persönliche Rechte, also Verträge (mehr dazu unten).[95]

Nur greifbare, knappe Ressourcen können das Objekt zwischenmenschlicher Konflikte sein, also sind Regeln zum Eigentum nur auf sie anwendbar. Deshalb sind Patente und Urheberrechte nicht rechtfertigbare staatliche gewährte Monopole. Es ist nicht weiter verwunderlich, wie Palmer es anmerkt, dass „Monopole und Zensur die historische Wurzel vom Patent und Urheberrecht sind“.[96] Es sind diese Monopole, die künstliche Knappheit erzeugen wo vorher keine war.

Erinnern wir uns, dass Rechte an g.E. dem Erzeuger von einem Muster einen Teil der Verfügungsgewalt – des Eigentumsrechts – über das greifbare Eigentum aller anderen Personen gewährt. Der Muster–Erzeuger ist durch sein Recht am g.E., Miteigentümer am Eigentum einer anderen Person, da er ihn daran hindern kann auf bestimmte Art mit seinem eigenen Eigentum umzugehen. Autor X kann beispielsweise einen Dritten, Y, daran hindern Wörter in einem bestimmten Muster auf die eigenen leeren Blätter von Y, mit der eigenen Tinte von Y zu schreiben.

Indem er also lediglich der Urheber einer originellen Idee ist, indem er bloß ein neues informationelles Muster ausdenkt und aufzeichnet, oder indem er eine neue Möglichkeit findet sein Eigentum zu nutzen (Rezept), wird der Erzeuger von g.E. auf magische Art zum Miteigentümer am Eigentum aller anderen. Er kann z.T. bestimmen, wie Dritte ihr Eigentum nutzen können. Das g.E. ändert den Status Quo indem es Eigentum von einer Gruppe (Eigentümer von greifbarem Eigentum) wegnimmt und es Einzelpersonen einer anderen Gruppe (Autoren und Erfinder) überträgt. Auf den ersten Blick bedeuten Gesetze zum g.E. eine Verletzung der Rechte von Eigentümer, bzw. sie „nehmen“ das Eigentum der Eigentümer greifbaren Eigentums und übertragen einen Teil der Eigentumsrechte an Autoren und Erfinder. Es ist diese Übertretung und Übertragung von Eigentum die gerechtfertigt werden muss, damit g.E. berechtigt sein kann. Wir sehen demnach, dass die utilitaristischen Verteidigungen nicht ausreichen. Im weiteren untersuchen wir die Probleme mit der naturrechtlichen Verteidigung.



[90] Thomas Jefferson to Isaac McPherson, Monticello, August 13, 181, letter, in The Writings of Thomas Jefferson, vol. 13, ed. A.A. Lipcomb and A.E. Bergh (Washington, D.C.: Thomas Jefferson Memorial Assciation, 1904), S. 326–38. Jefferson erkannte, dass Ideen nicht knap sind und deswegen das Urheberrecht und Patent keine natürlichen Recte sind. Sie können wenn überhaupt, nur auf utilitaristischer Ebene vereidigt werden, um nützliche Erfindungen und schriftliche Werke zu fördern (und selbst dann, müssen sie durch ein Gesetz eingeführt werden, da sie keine natürliche Rechte sind. Siehe Palmer: „Intellectual Property: A Non-Posnerian Law and Economics Approach,“ S. 278 n. 53. Das bedeutet jedoch nicht, dass Jefferson sich für Patente aussprach, selbst auf utilitaristischer Grundlage. Der Historiker Edward C. Walterscheid erklärt, dass Jefferson „in seinem ganzen Leben eine gesunde Skepsis über den Wert des Patentsystems beibehielt“. „Thomas Jefferson and the Patent Act of 1793,Essays in History 40 (1998).

[91] Rand, „Patents and Copyrights,“ S. 131. Mises, in Human Action, S. 661, erkennt, dass es keinen Grund gibt um im Bezug auf „Rezepte“ zu wirtschaften, „da ihre Einsatzfähigkeit nicht verbraucht werden kann“. Auf S. 128 weist er darauf hin: Etwas, dass solch einen unbegrenzten Dienst verrichtet ist z.B. das Wissen über die implizierte kausale Beziehung. Die Formel, das Rezept, welches uns lehrt wie man Kaffee zubereitet, sofern wir es kennen, verrichtet einen unbegrenzten Dienst. Es verliert nichts an Kapazität etwas zu produzieren, egal wie oft es benutzt wird; es ist demnach kein wirtschaftliches Gut. Beim menschlichen Handeln ist man nie mit der Entscheidung zwischen dem Nutzwert eines bekannten Rezepts und irgendetwas anderes konfrontiert. Siehe auch S. 364

[92] Plant: „The Economic Theory Concerning Patents for Inventions,“ S. 36. Auch Mises, Human Action, S. 364: „Solche Rezepte sind in der Regel freie Güter, da sie unbegrenzt eingesetzt werden können um etwas umzusetzen. Sie können nur dann wirtschaftliche Güter werden, wenn ein Monopol auf ihnen gewährt wird und ihre Nutzung eingeschränkt wird. Jeder Preis der für einen durch das Rezept geleisteten Dienst gezahlt wird ist ein Monopolpreis. Ob die Einschränkung der Nutzung von einem Rezept durch institutionelle Umstände zustandekommt – wie etwa Patent- oder Urheberrechtsgesetze – oder indem es geheim gehalten wird und andere nicht von alleine darauf kommen ist dabei unwesentlich.

[93] Bouckaert: „What is Property?“ S. 793; siehe auch S. 797–99.

[94] Bouckaert: „What is Property?“ S. 799, 803.

[95] Man könnte auch für den Schutz ideeller Objekten auf der Grundlage argumentieren, dass es sich dabei um „öffentliche Güter“ handelt, d.h. Aufgrund negativer externer Effekte die ohne Gesetze zum g.E. entstehen würden. Das Konzept öffentlicher Güter ist jedoch weder schlüssig noch zu rechtfertigen. Siehe Palmer „Intellectual Property: A Non-Posnerian Law and Economics Approach,“ S. 279–80, 283–87; Hans-Hermann Hoppe: „Fallacies of the Public Goods Theory and the Production of Security,Journal of Libertarian Studies 9, no. 1 (Winter 1989): 27; auch Hoppe: The Economics and Ethics of Private Property, kap. 1.

So Palmer:

Die Produktionskosten für irgend eine Ware oder Dienstleistung beinhalten nicht nur die Arbeits-, Kapital-, Werbungs- und andere Kosten, sondern auch Kosten zum Ausschluss unerwünschter Nutzung. Filmtheater haben z.B. Kosten in Form von Schalter zum Verkauf von Eintrittskarten, Wände sowie Pförtner die alle dazu dienen Personen davon abzuhalten ihre Dienste ohne Bezahlung zu nutzen. Die Filmeigentümer könnten ihre Filme natürlich auch auf öffentliche Parkanlangen zeigen und dann versuchen Passanten daran zu hindern sie zu schauen, oder sie könnten die Regierung darum bitten jeden der nicht Bezahlt hat dazu zu zwingen eine Brille zu tragen, durch der sie den Film nicht schauen könnten. Ein Autokino sieht sich mit dem Problem von Trittbrettfahrer konfrontiert, die über die Mauer schauen und muss desshalb individuelle Lautsprecher für jedes Auto – und mit erheblichen Kosten – installieren, sodass der öffentlich sichtbare Teil des Films von geringem Nutzen ist… . Kosten zum Ausschluss von Trittbrettfahrer sind mit praktisch jedem denkbaren Gut verbunden. Es gibt keine überzeugende Rechtfertigung bestimmte Güter gesondert zu behandeln und darauf zu bestehen, dass der Staat ihre Produktionskosten durch einen vom Staat genehmigten kollektiven Eingriff subventioniert, einfach nur wegen einer Entscheidung dieses Gut allgemein verfügbar zu machen.

Palmer: „Intellectual Property: A Non-Posnerian Law and Economics Approach,“ S. 284–85. Es kann nicht eindeutig gezeigt werden, dass Ideen ohne Frage öffentliche Güter sind. Selbst darüber hinaus ist es nicht klar, dass Eigentumsrechte gelten würden wenn sie tatsächlich öffentliche Güter wären, denn wie oben behandelt, sind Maßnahmen die den Wohlstand steigern nicht unbedingt gerechtfertigt.

[96] Palmer: „Intellectual Property: A Non-Posnerian Law and Economics Approach,“ S. 264.