Kapitel 12. Geistiges Eigentum als Vertrag

Inhaltsverzeichnis

Die Grenzen von Verträge
Vertrag kontra vorbehaltene Rechte
Urheberrecht und Patente
Geschäftsgeheimnisse
Markenzeichen

Die Grenzen von Verträge

Das Gesetz sollte also die Rechte von Individuen an ihre Körper und an legitim angeeignete knappe Ressourcen (Eigentum) schützen. Es gibt kein natürliches Recht an ideelle Objekte–an eigene intellektuelle Erfindungen oder Schöpfungen–sondern nur an knappe Güter. Viele Gegner vom g.E. unterstützen lediglich vertragliche Vereinbarungen um Ideen und Erfindungen zu schützen–private Vereinbarungen zwischen Eigentümer.[108] Stellen wir uns beispielsweise vor, dass A ein Buch schreibt und physische Kopien an diverse Käufer B₁, B₂…Bn verkauft, unter der vertraglichen Bedingung, dass jeder Käufer B verpflichtet ist keine Kopien des Texts herzustellen oder zu verkaufen. Nach jeder Theorie über das Vertragsrecht können die Käufer B gegenüber A haftbar gemacht werden, sollte er diese Bedingungen verletzen.[109]

Die Befürworter vom vertraglichen Ansatz zum geistigen Eigentum täuschen sich jedoch wenn sie glauben, dass Verträge dazu benutzt werden können den gleichen Schutz wie derzeitige Gesetze zum g.E. nachzubilden. Patent und Urheberrechte sind gültig gegenüber jede Person, unabhängig von der Zustimmung zu einem Vertrag. Sie sind echte Rechte an die jeder im selben Sinne gebunden ist, wie mein Recht an ein Stück Land jeden dazu verpflichtet es als mein Eigentum zu respektieren–selbst wenn sie mit mir keine vertragliche Vereinbarung haben. Ein Vertrag bindet jedoch ausschließlich die Parteien die ihm zustimmen. Es ist wie ein privates Gesetz zwischen den Parteien.[110] Es bindet keine dritten Parteien, da sie keine Vereinbarung mit den ursprünglichen Parteien getroffen haben.[111]

Wenn der Käufer B mit einer dritten Partei T über die Handlung in dem Buch spricht, ist diese Partei T im Allgemeinen nicht an den Vertrag zwischen A und B gebunden. Wenn ich herausfinde wie ich einen Vergaser anpassen kann sodass er mit doppelter Effizienz arbeitet, wenn ich ein Gedicht lerne oder die Handlungen in einem Film die von anderen geschrieben wurde erfahre, warum sollte ich so tun also ob ich nichts über diese Dinge wüsste und entgegen dem erlangten Wissen handeln? Ich habe keine vertragliche Vereinbarung mit den Autoren getroffen. Ich bestreite nicht, dass vertragliche Vereinbarungen auch implizit oder stillschweigend gemacht werden können, aber in den Situationen ist selbst solch ein Vertrag nicht zustandegekommen.

Man kann auch nicht sagen, dass ich die Information durch Diebstahl oder Betrug erlangt habe, denn es gibt viele legitime arten wodurch Individuen Informationen erlangen können. Kunstwerke werden von Natur aus typischerweise der Öffentlichkeit gezeigt. Über eine wissenschaftliche Entdeckungen können mehr Personen erfahren, als diejenigen die sich zum Stillschweigen verpflichtet haben. Es kann sicherlich nicht gesagt werden, dass ich das physische Eigentum von einem Urheber beschädige, sollte ich einen Vergaser verwenden oder ein Roman mit der gleichen Handlung schreiben. Es hindert den Urheber noch nicht einmal daran seine eigene Idee für den Vergaser, zur Verbesserung anderer Fahrzeuge zu verwenden oder seine Geschichte zu verwenden.

Die Anpassung von meinem Vergaser stellt also keine Vertragsverletzung dar; es ist kein Diebstahl; es ist auch kein physischer Eingriff in das greifbare Eigentum des Erfinders. An meinem Vergaser herumzuspielen verletzt nicht die Rechte des Erfinders. Man kann höchstens sagen, dass es den Wert für den Erfinder mindert, da es seine Möglichkeiten einschränkt es durch ein Monopol auszubeuten. Wie wir in Kapitel 4 jedoch gesehen haben, kann man kein Recht an dem Wert seines Eigentums haben, sondern nur an seiner physischen Integrität.[112]

Verträge sind also nur von beschränktem Nutzen. Der Verleger von einem Buch kann seine Käufer dazu verpflichten das Buch nicht zu kopieren, aber er kann dritte nicht daran hindern es zu veröffentlichen und zu verlegen, es sein denn eine andere vertragliche Vereinbarung hindert sie daran.



[108] Siehe McElroy: „Intellectual Property: Copyright and Patent“; Roy Halliday, „Ideas as Property,Formulations 4, no. 4 (Summer 1997); Bouckaert: „What is Property?“ S. 804–5; Palmer: „Intellectual Property: A Non-Posnerian Law and Economics Approach,“ S. 280, 291–95; Palmer: „Are Patents and Copyrights Morally Justified?“ S. 821 n. 8, 851–55, 864; und Richard O. Hammer: „Intellectual Property Rights Viewed as Contracts,Formulations 3, no. 2 (Winter 1995–96).

[109] Siehe z.B. Kinsella: „A Theory of Contracts“; Rothbard: The Ethics of Liberty, kap. 19; Williamson M. Evers: „Toward a Reformulation of the Law of Contracts“, Journal of Libertarian Studies 1, no. 1 (Winter 1977): 3–13; und Randy E. Barnett: „A Consent Theory of Contract,Columbia Law Review 86 (1986): 269–321.

[110] Nach internationaler Übereinkunft pacta sunt servanda (Verträge sind zu erfüllen), entstehen „Gesetzt der Übereinkunft“ durch Verträge zwischen Souveräne (Staaten im Sinne des internationalen Rechts). Siehe Paul E. Comeaux und N. Stephan Kinsella: Protecting Foreign Investment Under International Law: Legal Aspects of Political Risk (Dobbs Ferry, N.Y.: Oceana Publications, 1997), kap. 2, 5.

[111] Eine Definition für „Vertragsbeziehung“ (engl. privity of Contract) findet man in Black's Law Dictionary, 6th ed. (St. Paul, Minn.: West Publishing, 1990), S. 1199. Siehe im Rahmen des g.E. auch Bouckaert: „What is Property?“ S. 795, 805.

[112] Hoppe: A Theory of Socialism and Capitalism, S. 139–41, 237 n. 17.